Autor: Prof. Dr. Markus Stücker, Venenzentrum Ruhr Univ. Bochum
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Was bedeutet das?
Eine Thrombose ist ein Blutgerinnsel im tiefen Venensystem des Körpers – meist in den Beinen.
Das Gerinnsel (Thrombus) verlegt die Vene, das Blut kann nicht mehr weiter fließen und muss sich Umgehungswege suchen.
Es kann abhängig vom Sitz der Thrombose Verfärbung und Schwellung des Beines sowie Schmerzen beim Auftreten und Laufen oder auf Druck geben.
Ein Blutgerinnsel oder ein Teil davon kann sich aus den tiefen Beinvenen lösen, zum Herzen und von dort in die Lunge wandern und kleinere oder größere Lungengefäße verlegen.
Man spricht dann von einer Lungenembolie.
Kleine Lungenembolien verlaufen oft unbemerkt, größer Lungenembolien können zu atemabhängigen Brustschmerzen, Luftnot und Herzrasen führen.
Eher selten sind große Lungenembolien durch Verlegung der großen Lungengefäße und dann fehlenden Sauerstoffaustausch tödlich.
Welche Ursachen hat eine Thrombose?
Grundlegend für die Entstehung einer tiefen Beinvenenthrombose ist eine Schädigung der inneren Venenwand, eine Verlangsamung des Blutflusses sowie
eine Veränderung der Fließeigenschaften des Blutes.
Häufig treten Thrombosen auf bei:
- längerer Bettlägerigkeit
- Bewegungsmangel
- Erhöhter Blutgerinnungsneigung z.B. postoperativ oder bei bösartigen Erkrankungen
- Infektionserkrankungen
- Bestimmte Medikamente, z.B. Pille
- Herzschwäche Übergewicht
- Angeborene Gerinnungsstörungen
- Verletzungen
Wie wird eine Thrombose behandelt?
Früher wurde eine Thrombose regelhaft im Krankenhaus mit strikter Bettruhe und Heparininfusion behandelt.
Durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse ist jedoch festgestellt worden, dass in ca. 95% der Fälle mit gleich gutem Ergebnis solche Patienten ebenso
gut zu Hause mobil behandelt werden können.
Nur in seltenen Ausnahmefällen ist auch heute noch eine stationäre Behandlung der Thrombose, eventuell sogar mit einer operativen Entfernung des Thrombus notwendig.
Der Patient muss jedoch wissen, dass er bei akuten Kreislaufbeschwerden, Luftnot, akuten Brustkorbschmerzen und ähnlichen Zuständen unverzüglich ein Krankenhaus aufsuchen muss.
Er sollte in einer solchen Situation keinesfalls selbst Auto fahren, sondern sich entweder von einem Angehörigen fahren lassen oder einen Kranken- oder Rettungswagen rufen.
Sobald eine Thrombose festgestellt wird, muss das Blut verdünnt werden, um ein Wachstum des Blutgerinnsels zu verhindern.
Heute verwendet man dazu in den meisten Fällen sogenannte niedermolekulare Heparine, die in die Bauchdecke gespritzt werden und bereits nach 30 Minuten ihre volle Wirkung entfalten.
Diese Injektion kann durch den Patienten selbst oder Angehörige erfolgen, wenn der Umgang mit der Spritze bekannt ist.
Man weiß, dass damit das Risiko einer Lungenembolie schon erheblich reduziert ist.
Abhängig vom Ausmaß der Thrombose ist neben der Heparin-Therapie auch die Einleitung einer länger dauernden Therapie mit Phenprocoumon (z.B. Marcumar®) notwendig.
Die Wirkung des Marcumar® setzt erst nach 3 bis 5 Tagen vollständig ein.
Sie wird durch Ihren Hausarzt mit Hilfe des Quick-Wertes/ INR-Wertes kontrolliert.
Der Ziel-Quick-Wert liegt zwischen 25 und 35% bzw. der INR-Wert zwischen 2 und 3 und ist meist nach 6 bis 8 Tagen erreicht.
So lange muss die Heparin-Therapie fortgeführt werden.
Sowohl während der Heparin-Therapie als auch unter Marcumar® sind regelmäßige Blutkontrollen wichtig, um die Wirksamkeit der Therapie zu optimieren und mögliche Nebenwirkungen
schnellstmöglich aufzudecken (siehe unten).
Die Ergebnisse der Quick-/INR-Messungen werden durch den behandelnden Arzt in einem Ausweis dokumentiert, den Sie immer bei sich tragen sollten.
Ein sofort angelegter Kompressionsverband oder Kompressionsstrumpf bewirkt eine Abschwellung des Beines, eine Verminderung der Schmerzen und
eine Verbesserung des venösen Blutflusses.
Er hilft auch, eine Zunahme der Thrombose zu vermeiden.
Legen Sie den Kompressionsstrumpf morgens an der Bettkante an. Zur Nacht und zum Duschen dürfen sie ihn ausziehen.
Häufige Spaziergänge mit kontrolliertem Gehen, sicherheitshalber in bewohntem Gebiet, führen zu einem besseren Abschwellen des Beines und zu einem besseren Abfluss des Blutes.
Gibt es eine Therapiealternative?
Seit Ende 2011 ist ein weiteres Tabletten-Präparat mit dem Wirkstroff Rivaroxaban (Xarelto®) für die Therapie der Beinvenenthrombose zugelassen.
Es wird anfangs mit einer Dosis von 2x15mg/ Tag über 21 Tage gegeben, anschließend mit einer Dosis von 1x20mg/Tag.
Sollten Einschränkungen der Nierenfunktion bestehen, muss die Dosis des Präparates ggf. reduziert werden.
Der Einsatz von Rivaroxaban ist besonders dann indiziert, wenn eine sichere Einstellung auf Phenprocoumon nicht funktioniert oder Phenprocoumon nicht vertragen wird.
In besonderen Fällen kann die Therapie mit Heparinpräparaten – ohne Umstellung auf Phenprocoumon – auch über einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden.
Dies betrifft v.a. Schwangere oder Personen mit einer aktiven bösartigen Erkrankung.
Welche Nebenwirkungen kann die Blutverdünnung haben?
Während der Therapie mit Heparin kann ein akutes oder schleichendes Absinken der Thrombozyten (Blutplättchen) auftreten.
Man spricht von einer sogenannten Heparininduzierten Thrombozytopathie (HIT I und II).
Deshalb ist es wichtig, dass zu Anfang der Heparintherapie sowie nach ca. 3 Tagen und dann in wöchentlichen Abständen die Zahl der Blutplättchen regelmäßig kontrolliert wird.
Vor allem unter Phenprocoumon kann es bei kleineren Wunden zu länger als gewohnt anhaltenden Blutungen kommen.
Sie sollten daher z.B. nach einer Schnittverletzung einen Druckverband anlegen.
In der Regel hört die Blutung dann rasch auf.
Alle weiteren Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte den Beipackzetteln der Medikamente.
Wie lange muss die Therapie fortgeführt werden?
Je nach Ausdehnung der Thrombose und Ihrem persönlichen Thromboserisiko legt der Arzt die Dauer Ihrer Blutverdünnungstherapie fest.
Bei Unterschenkelvenenthrombosen sollte die Blutverdünnung in der Regel für 3 Monate eingenommen werden, bei Oberschenkelvenenthrombosen für 6 Monate.
Ist bereits früher schon einmal eine Thrombose eingetreten und handelt sich jetzt um eine sogenannte Rezidivthrombose kann die Blutverdünnung auch für 1 Jahr notwendig sein.
Besteht ein erhöhtes Thromboserisiko durch krankhaft veränderte Gerinnungsfaktoren, die man im Laufe des Lebens erwerben kann, die aber auch vererbt sein können, kann eine
Blutverdünnungstherapie auch länger oder gar lebenslang erforderlich sein. Dies entscheidet der Arzt individuell.
Im Allgemeinen verfestigt sich eine Thrombose nach 10-14 Tagen und vergrößert sich nicht mehr, wenn sie effektiv behandelt wird.
Dies ist der Sinn der Blutverdünnung. In seltenen Fällen wächst die Thrombose trotz richtiger Behandlung weiter, weil die Neigung zur Thrombosebildung zu stark ist.
Die Kompressionstherapie sollte immer mindestens 3 Monate länger fortgeführt werden als die Blutverdünnung, d.h. mindestens 6 Monate nach Erstdiagnose der Thrombose erfolgen.
Je nach Ausmaß der Thrombose, den bestehenden Risikofaktoren und den durch die Thrombose entstandenen Folgeschäden kann auch eine längere, ggf. sogar
lebenslange Kompressionstherapie erforderlich sein.
Hierfür reicht dann aber in den meisten Fällen ein medizinischer Kompressionsstrumpf bis zum Knie aus.
Wann sind Kontrollen erforderlich?
Auch nach Einleitung der Therapie sollten regelmäßige Ultraschallkontrollen erfolgen.
Wir bitten Sie daher zu einer Befundkontrolle nach 1 Woche sowie jeweils nach 3 Monaten und 6 Monaten zur Festlegung des weiteren Vorgehens.
Sollte es vor der geplanten Wiedervorstellung zur Zunahme der Beschwerden (Schmerzen, Schwellungen des Beines, plötzlich einsetzende Luftnot oder Kurzatmigkeit) trotz der eingeleiteten
Therapie kommen, bitten wir um eine sofortige Wiedervorstellung.
Sollten diese Beschwerden außerhalb unserer Sprechzeiten zunehmen, empfehlen wir die Vorstellung in der dermatologischen oder gefäßchirurgischen Ambulanz im St. Josef-Hospital,
Gudrunstraße 56, 44791 Bochum, 0234-509-0.
Was, wenn eine Thrombose ohne Grund auftritt?
Tritt eine Thrombose ohne ersichtlichen Grund auf, so sind folgende Dinge zu beachten:
Gibt es große Krampfadern, die die Entstehung begünstigen?
Gibt es ein familiäres Thromboserisiko?
Besteht eine angeborene Thromboseneigung?
Gibt es eine aktive bösartige Erkrankung?
Falls die letzte Krebsvorsorgeuntersuchung länger als 1 Jahr zurückliegt, ist eine altersentsprechende Vorsorgediagnostik zu empfehlen.
Mit welchen langfristigen Folgeschäden und Komplikationen ist durch die Thrombose zu rechnen?
Durch eine Thrombose wird die innerste Venenwand durch Entzündung und Vernarbung bzw. Verklebung geschädigt.
Das Ausmaß dieser Schäden ist nicht vorhersehbar.
Die Schäden können klein und unwesentlich, aber auch massiv sein.
An einer vor geschädigten Venenwand ist das Risiko einer erneuten Thrombose gesteigert.
Andererseits kann es sein, dass die Venenklappen in den betroffenen Abschnitten nicht mehr so gut funktionieren.
Es kann Monate, aber auch Jahre nach der Thrombose zu Schwellneigung des Beines, Krampfadern, dunkle Hautverfärbungen oder
gar offene Beine (Beingeschwüre um den Knöchelbereich) kommen.
Daher muss dem betroffenen Bein auch nach Therapie der Thrombose besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Dazu gehören eine gute Hautpflege mit verträglichem normalen Hautfett und regelmäßiges Tragen eines Kompressionsstrumpfes, v.a. in Situationen, die mit besonderer Belastung für das
Venensystem einhergehen (z.B. langes Stehen oder Sitzen).
In der Regel ist nach der abgeschlossenen Akuttherapie dafür sowohl nach einer Ober- als auch einer Unterschenkelthrombose ein Unterschenkelkompressionsstrumpf der Klasse II ausreichend.
Ein Thrombosebein sollte jährlich kontrolliert werden!
Der Patient selbst sieht die entsprechenden Veränderungen, die auf Folgeschäden hindeuten können leider oft zu spät.
Durch rechtzeitige Therapie können aber oft die schlimmeren Hautschäden und das offene Bein verhindert werden.
Dafür ist eine jährliche Kontrolle des betroffenen Beines ratsam.
Adresse:
Prof. Dr. Markus Stücker, Venenzentrum Ruhr Univ. Bochum
Hiltroper Landwehr 11-13
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